FIAC - Prof. Dr. Knut Henkel


Nachhaltigkeits- und Finanzberichterstattung

Ihr Schlüssel zu fundierter und praxisorientierter Wissensvermittlung


4. Jahresabschluss: Rechnungslegungsgrundsätze

Weiter zur Übersicht der Seminare
Versione bilingue --> vedi pagina sotto

Bilinguale Version --> siehe unten auf der Seite


Wie liest man einen Jahresabschluss? Vierte Folge.
„Wahrheitsgetreue Darstellung, Handelsgesetzbuch (HGB) und Rechnungslegungsgrundsätze“


Original (italienisch) von Prof. assoc. Fabrizio Bava (27. luglio 2020)  https://www.fabriziobava.com/blog/leggere-un-bilancio/
Aus dem Italienischen übersetzt von Prof. Dr. Knut Henkel (14.10.2021)https://www.knuthenkel.de/Blog/



Ein Jahresabschluss kann nicht „wahr“ sein, sondern muss gemäß den Rechnungslegungsvorschriften „lediglich“ ein den „tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ vermitteln. In der vierten Folge werden die Rechnungslegungsgrundsätze erläutert.



Um einen Jahresabschluss sachkundig lesen zu können, ist es wichtig, die Regeln zu verstehen, nach denen er erstellt wird. Wir haben bereits gesehen, dass Jahresabschlüsse gesetzlich vorgeschrieben sind (§ 238 ff. HGB). Der Gesetzgeber hat sich aber nicht darauf beschränkt, die Verpflichtung festzulegen, sondern hat auch die allgemeinen Grundsätze, die Struktur, die Regeln zur Bestimmung der Zahlen (die „Bewertungskriterien“) sowie den Informationsgehalt geregelt. Im Folgenden werden die wichtigsten Bezugsquellen für den Jahresabschluss dargestellt, wenn auch in sehr kurzer und vereinfachter Form, um einem nicht fachkundigen Leser das Verständnis des Regelwerks zu ermöglichen, das der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde liegt.

Warum für alle die gleichen Regeln aufstellen?

Die Festlegung gemeinsamer Regeln für die Erstellung von Jahresabschlüssen ermöglicht es, den Vorgang zu standardisieren und damit die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen zwischen Unternehmen zu gewährleisten. Bei der Bewertung der Leistung eines Unternehmens ist es in der Tat wichtig, diese stets mit konkurrierenden Unternehmen zu vergleichen (zu „benchmarken“), die in der gleichen Branche tätig sind. Darüber hinaus ermöglichen Standardregeln professionellen Bilanzlesern ein schnelles Verständnis des Jahresabschlusses eines Unternehmens (man denke z. B. an Bankangestellte, die Jahresabschlüsse im Rahmen einer Bonitätsanalyse bei einer Kreditvergabe analysieren). Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Abschlüsse gleich sind; tatsächlich gibt es verschiedene Arten, aber das wird das Thema der nächsten Folge sein.

Lesen eines Jahresabschlusses: die Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB)

Die Regeln für den Jahresabschluss befinden sich im 3. Buch „Handelsabschlüsse“ des HGB (§§ 238-342e). Folgende Elemente sind grundsätzlich Gegenstand des Jahresabschlusses eines jeden Unternehmens (§ 242 Abs. 3 HGB):

  • Bilanz;

  • Gewinn- und Verlustrechnung (GuV).

Für Kapitalgesellschaften, wie z. B. eine Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH,) können folgende Elemente hinzukommen (§ 264 HGB):

  • Kapitalflussrechnung;

  • Eigenkapitalspiegel;

  • Segmentberichterstattung;

  • Anhang;

  • nichfinanzieller Bericht (Nachhaltigkeitsbericht);

  • Lagebericht.

Laut Gesetz besteht der Jahresabschluss nach dem HGB aus mindesten den ersten beiden Elementen und kann insgesamt bis zu 8 Elemente umfassen. Die ersten fünf sind rein quantitativer Natur, während die letzten drei eher einen beschreibenden Inhalt haben und nicht nur Zahlen enthalten. Das „Herz“ eines Jahresabschlusses stellen die Bilanz und GuV dar. In der nächsten Folge werden wir sehen, dass dies die allgemeine Regel ist, es aber je nach Art des zu erstellenden Jahresabschlusses Unterschiede gibt. Der Jahresabschluss muss klar abgefasst sein, also nach den sog. Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aufgestellt sein (§§ 238 Abs. 1, 242 Abs. 1, 264 Abs. 2 HGB) und so ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (der Kapitalgesellschaft) vermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB).

Warum verlangt das Gesetz aber nicht, dass der Abschluss „wahr“ sein soll, sondern „lediglich“ ein den „tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ vermitteln soll? Die „Wahrheitstreue“ stellt bei der Jahresabschlusserstellung einen wichtigen Rahmengrundsatz dar. Dieser ist allerdings nicht gleichzusetzen mit „absoluter Richtigkeit“ oder „Wahrheit“, denn es gibt beim Jahresabschluss keine „wahre“ Vermögens- bzw. Erfolgsermittlung. Es gibt Ermessensentscheidungen des Bilanzierenden (z. B. bei der Bemessung von Abschreibungen). Die Befassung mit diesem Punkterlaubt es uns, wie wir gleich sehen werden, ein Konzept einzuführen, dessen Kenntnis wesentlich ist, wenn wir uns darauf vorbereiten, eine Bilanz zu lesen. Man könnte sagen, dass die Bilanz eine Erfindung des Menschen ist. Sie existiert nicht in der Natur, obwohl sie notwendig ist und für verschiedene Zwecke erstellt wird. Die Darstellung der Ergebnisse, die das Unternehmen jedes Jahr erzielt, ergibt sich aus einem praktischen Bedürfnis, das die Realität „erzwingt“, denn Unternehmen arbeiten kontinuierlich, sie unterbrechen ihre Tätigkeit nicht jedes Jahr, um die Bilanz zu erstellen.



Jahresabschlüsse ermöglichen es uns, die Leistung des Unternehmens über einen Zeitraum von einem Jahr, dem so genannten „Geschäftsjahr“ (daher „Jahresabschluss“), zu überprüfen. Dieser Zeitraum wird durch den Jahresabschluss abgedeckt und fällt in den meisten Fällen mit dem Kalenderjahr zusammen. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie z. B. bei Tätigkeiten, deren Geschäft an einen anderen Zeitraum als das Kalenderjahr gebunden ist. Dies ist z. B. bei Fußballmannschaften der Fall, die ein Geschäftsjahr von Juli bis Juni wählen, da die Fußballsaison im Sommer endet.

Einen Jahresabschluss lesen: die jährliche Erstellung

Wenn eine Unternehmerin oder ein Unternehmer oder Führungskräfte Entscheidungen im Unternehmen treffen, tun sie dies, weil sie diese im Interesse des Unternehmens für notwendig halten. Sie berücksichtigen bei solchen Entscheidungen grundsätzlich nicht die Tatsache, dass ein Jahresabschluss erstellt werden muss. Aber zurück zu unserem Ausgangspunkt: In welchem Sinne erzwingt die Notwendigkeit, Abschlüsse zu erstellen, die Realität? Unternehmen arbeiten kontinuierlich und halten nicht am Ende des Jahres an, um einen Jahresabschluss zu erstellen. Würde man hingegen keine Bilanzen erstellen, müssten Unternehmen geschlossen werden, um zu wissen, wie es um sie steht.

Das heißt, es wäre notwendig, die Geschäftstätigkeit einzustellen, alles zu verkaufen (das Vermögen zu realisieren), alles zu bezahlen, und der dann verbleibende Restbetrag würde nach Abzug der Anfangsinvestition die Wertsteigerung der Geschäftstätigkeit in der Vergangenheit widerspiegeln. Natürlich reduziert um das, was im Laufe des Lebens des Unternehmens eventuell aus dem Unternehmen entnommen wurde. Ein solches Vorgehen wäre jedoch, wie intuitiv ersichtlich, nicht sehr praktikabel. Ziel des Abschlusserstellers muss es also sein, einen Jahresüberschuss oder -fehlbetrag und ein entsprechendes Nettovermögen zu ermitteln, das die Leistung des Jahres korrekt darstellt, ohne das gesamte Unternehmen dafür aufzulösen. Ich werde nun versuchen, diese Aussage zu verdeutlichen (wenn auch nur annäherungsweise, aber dies soll uns zur Verdeutlichung des Hauptkonzeptes dienen).

Lesen eines Jahresabschlusses: Mehrjährige Aufwendungen und das Periodisierungsprinzip

Ein Beispiel kann hilfreich sein. Wenn ein Unternehmen ein neues Auto kauft, muss bei der Erstellung des Jahresabschlusses entschieden werden, welcher Teil der Anschaffungskosten des Autos als Aufwendungen pro Jahr berücksichtigt werden soll (die so genannte „Abschreibung“), da es klar ist, dass das Unternehmen das Auto mehrere Jahre lang nutzen kann. Würden die gesamten Anschaffungskosten für das Auto in dem Geschäftsjahr berücksichtigt, in dem es angeschafft wurde, würde der Jahresabschluss eine Verzerrung erfahren. Genauso wie es falsch wäre, die Anschaffungskosten überhaupt nicht zu berücksichtigen, da das Auto nicht ewig genutzt werden kann und das Autos natürlich durch jedes Jahr der Nutzung mehr abgenutzt wird und dadurch an Wert verliert. Oder denken wir an zwei identische Unternehmen, die Kekse herstellen und denen im Dezember 01 beiden das Mehl ausgeht und die sich beide für die Keks-Produktion im Januar 02 neues Mehl besorgen müssen.

Das eine beschließt, das Mehl bereits im Dezember 01 zu kaufen, das andere im Januar 02. Es scheint ganz klar, dass in einem solchen Fall die Bilanz zum 31.12.01 das gleiche Ergebnis zeigen sollte. Es wäre nicht richtig, dass die Entscheidung des einen Unternehmens, einen Monat vor dem anderen - und damit noch im alten Geschäftsjahr - Mehl zu kaufen, die GuV 01 negativ beeinflusst. Der Ersteller des Jahresabschlusses muss sicherstellen, dass das Jahresergebnis und das Eigenkapital korrekt ermittelt werden, d. h. dass sie repräsentativ für die Leistung des Unternehmens sind. Um die im Beispiel gestellte Frage zu beantworten, sollte in der Gewinn- und Verlustrechnung beider Unternehmen nur das während des Jahres 01 verbrauchte Mehl berücksichtigt werden, unabhängig davon, wann es gekauft wurde. Auf diese Weise werden die beiden Jahresüberschüsse nicht durch eine einfache zeitliche Differenz hinsichtlich des Zeitpunkts des Rohstoffeinkaufs beeinflusst.

Die wahrheitsgetreue Darstellung des Jahresabschlusses

Bei der Erstellung des Jahresabschlusses müssen gesetzlich geregelte Vorgaben (die sogenannten „Bewertungsvorschriften“) angewendet werden, die naturgemäß subjektiv sind. Aus diesem Grund verlangt das HGB die Erstellung eines „wahrheitsgetreuen“, jedoch nicht eines „absolut richtigen“ oder „wahren“ Jahresabschlusses, da es einen solchen nicht geben kann. „Wahrheitsgetreu“ bedeutet i. S. d. HGB einen Jahresabschluss, der gemäß der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) erstellt wurde und insofern objektiv, d. h. intersubjektiv nachprüfbar, ist.

Bewertungskriterien

Der Ersteller des Jahresabschlusses darf die inhärente Subjektivität dieser Bewertungskriterien nicht dazu nutzen, andere Ziele als die wahrheitsgetreue Darstellung zu verfolgen. Nehmen wir als Beispiel die Kundenforderungen: Das HGB schreibt vor, dass im Jahresabschluss nur dann der Wert ausgewiesen wird, zu dessen Einziehung das Unternehmen berechtigt ist, wenn der sog. beizulegende Wert nicht (dauerhaft) niedriger ist. Wenn Sie sich nun fragen, warum, könnte ich Ihnen mit einer Gegenfrage antworten: Wenn Sie einem Freund vor einigen Jahren Geld geliehen haben und Sie immer noch darauf warten, dass er es Ihnen zurückzahlt, würden Sie diesen Kredit als Teil Ihres Vermögens betrachten?

Ich denke, nein. Sie würden ihn als Verlust betrachten, und in der Bilanz des Unternehmens ist es das gleiche.

Wenn ein Kunde das Unternehmen 60 Tage nach dem Kauf der Ware hätte bezahlen müssen und bereits 3 Jahre vergangen sind, wird er dann noch zahlen oder nicht? Sie verstehen, dass es nicht einfach ist, diese Frage zu beantworten (die Antwort ist wahrscheinlich nein). Sie können (und müssen) Überlegungen anstellen, durch die Sie den Betrag definieren, den Sie glauben, eintreiben zu können. Nichtsdestotrotz könnten zwei verschiedene Ersteller des Jahresabschlusses, die beide in gutem Glauben sind, auch zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen kommen.



Wenn wir vom „falschen Jahresabschluss“ sprechen, denken wir sofort an die Erfassung von fiktiven Transaktionen (falsche Rechnungen, nichtexistierende Lagerbestände usw.). Eine falsche Rechnungslegung (oder genauer gesagt das Vergehen der falschen Unternehmenskommunikation) liegt aber auch dann vor, wenn der Geschäftsführer wissentlich subjektive Bewertungskriterien falsch angewandt hat. Ein Beispiel? Der Glaube, eine seit 4 Jahren überfällige Forderung einzutreiben, ohne über verlässliche Informationen für eine solche Einschätzung zu verfügen. Die Bewertung solcher Forderungen unterliegt bestimmten Kriterien, die wir uns gleich genauer ansehen werden, wie durch die nationalen Rechnungslegungsstandards dargestellt.

Weitere Vorgaben des Gesetzgebers

Das HGB legt auch die Formate für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung fest, die von Kapitalgesellschaften übernommen werden müssen (§ 266, § 275 HGB). Der Gesetzgeber hat zudem auch die Bewertungskriterien geregelt (insbesondere § 253, § 255 HGB), d. h. die Regeln und Überlegungen, die anzuwenden sind, um die in den Jahresabschluss aufzunehmenden Zahlen zu ermitteln. Ein Beispiel hierzu habe ich zuvor bereits mit den Forderungen an Kunden genannt. Das HGB enthält auch weitere Vorgaben, wie z. B. bezüglich Anhangsangaben und Lagebericht, auf die an dieser Stelle aber nicht weiter eingegangen werden soll.

Die vom Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) herausgegebenen Deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS)

Um einen Jahresabschluss richtig lesen zu können, reicht es nicht aus, das Gesetz zu kennen, man muss auch mit den deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS) vertraut sein. Die gesetzlichen Bestimmungen sind in der Tat sehr knapp gehalten und genügen selbst demjenigen, der eine entsprechende Vorbereitung auf das Thema hat, nicht für eine korrekte Erstellung des Jahresabschlusses. Der Gesetzgeber hat ein spezielles Gremium, das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), mit der Herausgabe von Standards beauftragt, die auf technischer und operativer Ebene veranschaulichen, wie die im deutschen Handelsgesetzbuch enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen auszulegen sind. Diese Standards sind weitaus analytischer und umfangreicher als die im deutschen Handelsgesetzbuch enthaltenen Regeln. Sie gelten unmittelbar nur für den Konzernabschluss, sind grundsätzlich aber auch für den Jahresabschluss von einer gewissen Relevanz.

Wenn dann immer noch nicht klar ist, wie die Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften funktioniert, können Sie natürlich ein Fachbuch kaufen oder einen Kurs besuchen. Es ist nicht einfach zu lernen, wie man einen Jahresabschluss liest, und ihn bis in die Tiefen zu verstehen. So gibt es eine Vielzahl von Büchern und Kommentaren zum HGB, die teilweise mehr 1.000 Seiten haben!

Lesen des Abschlusses eines börsennotierten Unternehmens: IAS/IFRS

Seit 2005 ist das HGB nicht mehr die einzige Rechtsquelle für Unternehmensabschlüsse. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates wurden in der Europäischen Union die internationalen Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS eingeführt. Börsennotierte Konzerne müssen verpflichtend (§ 315e Abs. 1 u. 2 HGB) und nicht-börsennotierte Konzerne können (§ 315e Abs. 3 HGB) ihre Konzernabschlüsse nach diesen internationalen Rechnungslegungsvorschriften erstellen. Der Jahresabschluss, auch Einzelabschluss genannt, muss aber weiterhin zwingend nach HGB aufgestellt werden. Für reine Veröffentlichungszwecke kann zusätzlich ein IAS-/IFRS-Jahresabschluss erstellt werden (§ 325 Abs. 2a HGB).

Das Ziel der internationalen Rechnungslegungsstandards ist es, die Entwicklung der globalen Finanzmärkte zu fördern.

Daher folgen IAS-/IFRS-Abschlüsse nicht den Regeln des HGB, die durch die IAS/IFRS „ersetzt“ werden. Dabei handelt es sich um komplexere (und damit aufwändigere) Bilanzierungsvorschriften. Um eine Vorstellung von der Komplexität des Themas zu vermitteln, sei hierin lediglich darauf hingewiesen, dass die IAS-/IFRS-Rechnungslegungsvorschriften ca. 3.000 Seiten umfassen und die der relevanten HGB-Paragraphen ca. 80.



Versione bilingue / Bilinguale Version

ITALIANO

4. Come leggere un bilancio: la rappresentazione veritiera, il codice civile ed i principi contabili

Originale (italiano) da Prof. assoc. Fabrizio Bava (27. luglio 2020)
https://www.fabriziobava.com/blog/leggere-un-bilancio/



COME LEGGERE UN BILANCIO – Quarta puntata.
La rappresentazione veritiera, il codice civile ed i principi contabili.

Perché un bilancio non può essere vero ma deve “soltanto” fornire una rappresentazione “veritiera e corretta”. I principi contabili emessi dall’OIC, i bilanci IAS/IFRS. La quarta puntata analizza le fonti.

Per leggere un bilancio in modo consapevole è importante capire quali sono le regole che ne guidano la redazione. Abbiamo già visto che il bilancio è obbligatorio per legge (art. 2423 c.c.). Il legislatore non si è però limitato a stabilirne l’obbligo, ma ne ha anche disciplinato i principi generali, la struttura, le regole (i “criteri di valutazione”) che consentono di determinare i numeri, il contenuto informativo. Di seguito sono presentate le principali fonti di riferimento del bilancio d’esercizio, seppur in estrema sintesi e in modo molto semplificato, per consentire ad un lettore non esperto, di inquadrare il sistema delle regole alla base della redazione del bilancio.


Perché stabilire regole uguali per tutti?

Fissare regole comuni per la redazione del bilancio consente di standardizzare i comportamenti garantendo in questo modo la comparabilità dei bilanci fra le imprese. Quando si valuta la performance di un’impresa, infatti, è essenziale confrontare sempre l’andamento con imprese competitor che operano nel medesimo business. Inoltre, le regole standard consentono a lettori professionali dei bilanci di comprendere velocemente il bilancio dell’impresa (si pensi, ad esempio, a chi analizza i bilanci nell’ambito degli istituti di credito). Questo non significa però che i bilanci siano tutti uguali, anzi, ce ne sono diverse tipologie, ma questo tema sarà il tema della prossima puntata.



Leggere un bilancio: le norme del Codice Civile

La disciplina del bilancio d’esercizio è contenuta nel libro V, sezione IX “Del bilancio” del Codice Civile, articoli dal 2423 al 2435-ter.

I documenti

L’art. 2423 individua i seguenti prospetti di bilancio:

• lo stato patrimoniale

• il conto economico

• il rendiconto finanziario

• la nota integrativa







Secondo la legge il bilancio è costituito da quattro documenti, i primi tre sono prettamente quantitativi, mentre l’ultimo, la Nota integrativa, ha un contenuto più descrittivo e non soltanto numeri. Nel prossimo articolo vedremo che questa è la regola generale ma vi sono differenze a seconda del tipo di bilancio che si redige. Il bilancio deve essere redatto con chiarezza e deve rappresentare in modo veritiero e corretto la situazione patrimoniale e finanziaria della società e il risultato economico dell’esercizio (art. 2423 c.c.).





Per quale ragione le norme di legge non richiedono al bilancio di rappresentare una situazione vera ma “soltanto” veritiera? Rispondere a questo quesito, come vedremo tra poco, consente di introdurre un concetto la cui conoscenza è essenziale quando ci si appresta a leggere un bilancio. Potremmo dire che il bilancio è una invenzione dell’uomo, non esiste in natura, sebbene sia necessario e sia redatto per diverse finalità. La rappresentazione dei risultati ottenuti dall’impresa ogni anno nasce da una esigenza pratica che “forza” la realtà, perché le imprese operano con continuità, non sospendono l’attività ogni anno per fare il bilancio.

Il bilancio consente di verificare la performance dell’impresa nell’arco temporale di un anno, il cosiddetto “esercizio” (da cui “bilancio d’esercizio), che è il periodo di riferimento del bilancio, e nella maggioranza dei casi coincide con l’anno solare. Ci sono però eccezioni, come nel caso, ad esempio, delle attività il cui business è legato ad un differente periodo rispetto all’anno solare. È il caso, ad esempio, delle squadre di calcio che scelgono un esercizio da giugno a giugno, considerato che le competizioni finiscono nell’estate.








Leggere un bilancio: la redazione annuale

Quando un imprenditore o i suoi manager assumono decisioni in azienda, lo fanno perché le ritengono necessarie nell’interesse dell’impresa. Non tengono conto, nell’assumere tali decisioni, in linea di principio, del fatto che si debba redigere il bilancio annuale. Ma tornando al punto iniziale, in che senso l’esigenza di redigere il bilancio forza la realtà? Le imprese operano continuativamente e non si fermano una volta all’anno per fare i bilanci. D’altra parte, se non si facessero i bilanci, per poter conoscere l’andamento delle imprese bisognerebbe chiuderle.



Bisognerebbe cioè cessare l’attività, vendere tutto (realizzare le attività), pagare tutto e il denaro residuo rispetto a quanto investito all’inizio rappresenterebbe la ricchezza creata. Naturalmente ridotta di quanto è stato eventualmente prelevato nel corso della vita dell’impresa. Una simile soluzione però, come è intuitivo, non sarebbe molto pratica. Allora l’obiettivo del redattore del bilancio deve essere quello di determinare un utile o perdita dell’esercizio ed il corrispondente patrimonio netto che rappresentino correttamente l’andamento dell’esercizio. Ora cercherò di chiarire tale affermazione (imprecisa, ma mi serve per chiarire il concetto principale).



Leggere un bilancio: I costi pluriennali e il principio di competenza economica

Un esempio può essere utile. Se l’impresa acquista una nuova auto, nel redigere il bilancio è necessario decidere la parte del costo dell’auto da considerare (il cosiddetto “ammortamento”), poiché è evidente che l’impresa la potrà utilizzare per diversi anni. Se si considerasse l’intero costo dell’auto nell’esercizio in cui è stata acquistata, il bilancio sarebbe penalizzato, subirebbe cioè una distorsione, così come sarebbe errato non considerare affatto tale costo, in quanto l’auto non può essere utilizzata in eterno. Oppure, pensiamo a due imprese identiche tra loro che producono biscotti e che a dicembre hanno entrambe terminato la farina.





La prima decide di acquistare la farina a dicembre e la seconda a gennaio. Mi sembra piuttosto evidente che in un caso simile il bilancio al 31.12 dovrebbe presentare il medesimo risultato. Non sarebbe corretto che la decisione di acquistare la farina da parte di un’impresa un mese prima dell’altra influenzasse negativamente il risultato del bilancio. Il redattore del bilancio deve fare in modo che il risultato d’esercizio ed il patrimonio netto siano determinati in modo corretto, cioè che siano rappresentativi dell’andamento dell’impresa. Per rispondere al quesito dell’esempio, dovrà essere considerato nel Conto economico del bilancio di entrambe le imprese soltanto la farina consumata nell’anno, indipendentemente dal momento dell’acquisto. In questo modo i due risultati d’esercizio non saranno influenzati da una semplice differente scelta temporale rispetto al momento in cui rifornirsi della materia prima.

La rappresentazione veritiera del bilancio

Nel redigere il bilancio si devono applicare regole disciplinate dalla legge (i cosiddetti “criteri di valutazione”) che sono intrinsecamente soggettive. Una soggettività che non può essere eliminata, in quanto è strumentale alla corretta redazione del bilancio ed è lo stesso legislatore ad avere disciplinato regole soggettive. Per tale ragione il Codice Civile richiede la redazione di bilanci “veritieri” e non veri.

Se 2 + 2 = 4 e qualunque altro risultato sarebbe falso, nei bilanci questo ragionamento non è applicabile. I numeri del bilancio, proprio perché devono rappresentare qualcosa che “forza la realtà”, derivano, anche se certamente soltanto in parte, dall’esito di ragionamenti. L’obiettivo della rappresentazione veritiera è l’obiettivo più importante in assoluto. Così importante che il legislatore stesso prevede che si debbano fornire ulteriori informazioni non richieste dalle norme qualora siano necessarie a raggiungere la rappresentazione veritiera e corretta. E persino l’obbligo di disapplicare norme di legge, qualora dovessero essere in contrasto con la rappresentazione veritiera e corretta.

I criteri di valutazione

Il redattore del bilancio non deve utilizzare la soggettività intrinseca di tali criteri di valutazione per perseguire obiettivi diversi dalla rappresentazione veritiera, perché in tale caso il comportamento violerebbe la finalità più importante del bilancio. Prendiamo ad esempio i crediti verso clienti, il Codice Civile richiede che sia riportato in bilancio non il valore che si ha diritto ad incassare ma soltanto quello che si ritiene che l’impresa riuscirà ad incassare (il cosiddetto “presunto valore di realizzo). E se vi state chiedendo come mai, vi potrei rispondere che se hai prestato una somma di denaro ad un amico diversi anni fa, e stai ancora aspettando che te li restituisca, considereresti quel credito parte della tua ricchezza?

Direi di no, lo considereresti una perdita, nel bilancio dell’impresa è lo stesso.

Se un cliente avrebbe dovuto pagare l’impresa dopo 60 giorni dall’acquisto e sono già trascorsi 3 anni, pagherà oppure no? Capite che non è facile rispondere a questa domanda (la risposta è probabilmente no!). Si possono (e si devono) fare dei ragionamenti attraverso i quali definire l’ammontare che si ritiene che si riuscirà ad incassare. Ciò nonostante, due diversi redattori del bilancio, entrambi in buonafede, potrebbero anche giungere a conclusioni leggermente differenti (non troppo).

Quando si parla di “falso in bilancio”, si pensa subito all’iscrizione di operazioni fittizie (fatture false, magazzino inesistente, ecc.). Ma un falso in bilancio (o più precisamente, il reato di false comunicazioni sociali) si ha anche quando l’amministratore ha consapevolmente applicato in modo errato i criteri di valutazione soggettivi. Un esempio? Ritenere di incassare un credito scaduto da 4 anni, senza disporre di alcuna informazione utile a fare tale valutazione. Tornando alla valutazione dei crediti, le modalità operative, cioè le indicazioni su come fare tale ragionamento, sono illustrate come diremo tra poco, dai principi contabili nazionali.



Le altre indicazioni del legislatore

Il Codice Civile individua anche gli schemi di Stato patrimoniale e di Conto economico che devono adottare obbligatoriamente le società di capitali (artt. 2424–2425 c.c.). In sostanza, il redattore del bilancio si deve “limitare” ad inserire i numeri nel bilancio, la parte descrittiva è già definita dal legislatore. Il legislatore ha disciplinato anche i criteri di valutazione (art. 2426 c.c.), cioè le regole ed i ragionamenti da applicare per individuare i numeri da inserire in bilancio. Prima ho citato un esempio di criterio di valutazione, quello dei crediti verso clienti. Il Codice Civile definisce anche il contenuto della nota integrativa e molto altro ancora, aspetti che qui tralascio.

I principi contabili nazionali emessi dall’Organismo Italiano di Contabilità

Per capire come leggere un bilancio non è sufficiente conoscere la disciplina di legge, si devono anche conoscere i principi contabili. Le norme di legge sono infatti molto sintetiche e non consentono, nemmeno a chi avesse una specifica preparazione sul tema, di redigere correttamente i bilanci. Il legislatore ha demandato ad un apposito l’organismo, l’Organismo Italiano di Contabilità (OIC), l’emanazione di documenti che illustrino, sul piano tecnico-operativo, come interpretare le norme di legge contenute nel Codice Civile. Si tratta di documenti molto più analitici ed estesi rispetto alle norme contenute nel Codice Civile.





Poi naturalmente se non fosse ancora chiaro come operare si può comprare un libro o partecipare ad un corso. Non è semplice imparare a leggere un bilancio e comprenderlo a fondo. Ad esempio, con un collega abbiamo scritto un libro che commenta, paragrafo per paragrafo, i principi contabili nazionali alla base della redazione del bilancio, parliamo di un migliaio di pagine!

Leggere un bilancio di una società quotata: gli IAS/IFRS

Dal 2005 il Codice Civile non è più l’unica fonte giuridica del bilancio delle imprese. Con il Regolamento (CE) n. 1606/2002 del Parlamento Europeo e del Consiglio sono infatti stati introdotti nell’Unione Europea i principi contabili internazionali IAS/IFRS. L’adozione, da parte dell’Italia, è avvenuta con il D.Lgs. n. 38/2005. Le società quotate – sia nel bilancio d’esercizio, che è chiamato “separato”, sia nel bilancio consolidato – devono obbligatoriamente adottare tali principi contabili internazionali. Vi sono anche altri soggetti obbligati (come le società assicurative nel bilancio consolidato) ed alcuni soggetti hanno la facoltà di adottarli. L’obiettivo dei principi contabili internazionali è favorire lo sviluppo dei mercati finanziari globali.

I soggetti IAS/IFRS non seguono pertanto la disciplina del bilancio del Codice Civile che viene “sostituita” dagli IAS/IFRS, che assumono valore di legge. Si tratta di norme tecniche più complesse (e pertanto più onerose) che si propongono di rappresentare nel migliore dei modi la performance dell’impresa attraverso il bilancio. Per rendere l’idea della complessità del tema, un Manuale che analizza in modo completo tali principi contabili ha una dimensione di quasi 3.000 pagine!

DEUTSCH

4. Jahresabschluss: Rechnungslegungsgrundsätze

Original (italienisch) von Prof. assoc. Fabrizio Bava (27. luglio 2020)
https://www.fabriziobava.com/blog/leggere-un-bilancio/

Aus dem Italienischen übersetzt von Prof. Dr. Knut Henkel (14.10.2021)
https://www.knuthenkel.de/Blog/

Wie liest man einen Jahresabschluss? Vierte Folge.
„Wahrheitsgetreue Darstellung, Handelsgesetzbuch (HGB) und Rechnungslegungsgrundsätze“

Ein Jahresabschluss kann nicht „wahr“ sein, sondern muss gemäß den Rechnungslegungsvorschriften „lediglich“ ein den „tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ vermitteln. In der vierten Folge werden die Rechnungslegungsgrundsätze erläutert.

Um einen Jahresabschluss sachkundig lesen zu können, ist es wichtig, die Regeln zu verstehen, nach denen er erstellt wird. Wir haben bereits gesehen, dass Jahresabschlüsse gesetzlich vorgeschrieben sind (§ 238 ff. HGB). Der Gesetzgeber hat sich aber nicht darauf beschränkt, die Verpflichtung festzulegen, sondern hat auch die allgemeinen Grundsätze, die Struktur, die Regeln zur Bestimmung der Zahlen (die „Bewertungskriterien“) sowie den Informationsgehalt geregelt. Im Folgenden werden die wichtigsten Bezugsquellen für den Jahresabschluss dargestellt, wenn auch in sehr kurzer und vereinfachter Form, um einem nicht fachkundigen Leser das Verständnis des Regelwerks zu ermöglichen, das der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde liegt.

Warum für alle die gleichen Regeln aufstellen?

Die Festlegung gemeinsamer Regeln für die Erstellung von Jahresabschlüssen ermöglicht es, den Vorgang zu standardisieren und damit die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen zwischen Unternehmen zu gewährleisten. Bei der Bewertung der Leistung eines Unternehmens ist es in der Tat wichtig, diese stets mit konkurrierenden Unternehmen zu vergleichen (zu „benchmarken“), die in der gleichen Branche tätig sind. Darüber hinaus ermöglichen Standardregeln professionellen Bilanzlesern ein schnelles Verständnis des Jahresabschlusses eines Unternehmens (man denke z. B. an Bankangestellte, die Jahresabschlüsse im Rahmen einer Bonitätsanalyse bei einer Kreditvergabe analysieren). Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Abschlüsse gleich sind; tatsächlich gibt es verschiedene Arten, aber das wird das Thema der nächsten Folge sein.

Lesen eines Jahresabschlusses: die Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB)

Die Regeln für den Jahresabschluss befinden sich im 3. Buch „Handelsabschlüsse“ des HGB (§§ 238-342e). Folgende Elemente sind grundsätzlich Gegenstand des Jahresabschlusses eines jeden Unternehmens (§ 242 Abs. 3 HGB):

• Bilanz;

• Gewinn- und Verlustrechnung (GuV).

Für Kapitalgesellschaften, wie z. B. eine Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH,) können folgende Elemente hinzukommen (§ 264 HGB):

• Kapitalflussrechnung;

• Eigenkapitalspiegel;

• Segmentberichterstattung;

• Anhang;

• nichfinanzieller Bericht (Nachhaltigkeitsbericht);

• Lagebericht.

Laut Gesetz besteht der Jahresabschluss nach dem HGB aus mindesten den ersten beiden Elementen und kann insgesamt bis zu 8 Elemente umfassen. Die ersten fünf sind rein quantitativer Natur, während die letzten drei eher einen beschreibenden Inhalt haben und nicht nur Zahlen enthalten. Das „Herz“ eines Jahresabschlusses stellen die Bilanz und GuV dar. In der nächsten Folge werden wir sehen, dass dies die allgemeine Regel ist, es aber je nach Art des zu erstellenden Jahresabschlusses Unterschiede gibt. Der Jahresabschluss muss klar abgefasst sein, also nach den sog. Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aufgestellt sein (§§ 238 Abs. 1, 242 Abs. 1, 264 Abs. 2 HGB) und so ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (der Kapitalgesellschaft) vermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB).

Warum verlangt das Gesetz aber nicht, dass der Abschluss „wahr“ sein soll, sondern „lediglich“ ein den „tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ vermitteln soll? Die „Wahrheitstreue“ stellt bei der Jahresabschlusserstellung einen wichtigen Rahmengrundsatz dar. Dieser ist allerdings nicht gleichzusetzen mit „absoluter Richtigkeit“ oder „Wahrheit“, denn es gibt beim Jahresabschluss keine „wahre“ Vermögens- bzw. Erfolgsermittlung. Es gibt Ermessensentscheidungen des Bilanzierenden (z. B. bei der Bemessung von Abschreibungen). Die Befassung mit diesem Punkterlaubt es uns, wie wir gleich sehen werden, ein Konzept einzuführen, dessen Kenntnis wesentlich ist, wenn wir uns darauf vorbereiten, eine Bilanz zu lesen. Man könnte sagen, dass die Bilanz eine Erfindung des Menschen ist. Sie existiert nicht in der Natur, obwohl sie notwendig ist und für verschiedene Zwecke erstellt wird. Die Darstellung der Ergebnisse, die das Unternehmen jedes Jahr erzielt, ergibt sich aus einem praktischen Bedürfnis, das die Realität „erzwingt“, denn Unternehmen arbeiten kontinuierlich, sie unterbrechen ihre Tätigkeit nicht jedes Jahr, um die Bilanz zu erstellen.

Jahresabschlüsse ermöglichen es uns, die Leistung des Unternehmens über einen Zeitraum von einem Jahr, dem so genannten „Geschäftsjahr“ (daher „Jahresabschluss“), zu überprüfen. Dieser Zeitraum wird durch den Jahresabschluss abgedeckt und fällt in den meisten Fällen mit dem Kalenderjahr zusammen. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie z. B. bei Tätigkeiten, deren Geschäft an einen anderen Zeitraum als das Kalenderjahr gebunden ist. Dies ist z. B. bei Fußballmannschaften der Fall, die ein Geschäftsjahr von Juli bis Juni wählen, da die Fußballsaison im Sommer endet.

Einen Jahresabschluss lesen: die jährliche Erstellung

Wenn eine Unternehmerin oder ein Unternehmer oder Führungskräfte Entscheidungen im Unternehmen treffen, tun sie dies, weil sie diese im Interesse des Unternehmens für notwendig halten. Sie berücksichtigen bei solchen Entscheidungen grundsätzlich nicht die Tatsache, dass ein Jahresabschluss erstellt werden muss. Aber zurück zu unserem Ausgangspunkt: In welchem Sinne erzwingt die Notwendigkeit, Abschlüsse zu erstellen, die Realität? Unternehmen arbeiten kontinuierlich und halten nicht am Ende des Jahres an, um einen Jahresabschluss zu erstellen. Würde man hingegen keine Bilanzen erstellen, müssten Unternehmen geschlossen werden, um zu wissen, wie es um sie steht.

Das heißt, es wäre notwendig, die Geschäftstätigkeit einzustellen, alles zu verkaufen (das Vermögen zu realisieren), alles zu bezahlen, und der dann verbleibende Restbetrag würde nach Abzug der Anfangsinvestition die Wertsteigerung der Geschäftstätigkeit in der Vergangenheit widerspiegeln. Natürlich reduziert um das, was im Laufe des Lebens des Unternehmens eventuell aus dem Unternehmen entnommen wurde. Ein solches Vorgehen wäre jedoch, wie intuitiv ersichtlich, nicht sehr praktikabel. Ziel des Abschlusserstellers muss es also sein, einen Jahresüberschuss oder -fehlbetrag und ein entsprechendes Nettovermögen zu ermitteln, das die Leistung des Jahres korrekt darstellt, ohne das gesamte Unternehmen dafür aufzulösen. Ich werde nun versuchen, diese Aussage zu verdeutlichen (wenn auch nur annäherungsweise, aber dies soll uns zur Verdeutlichung des Hauptkonzeptes dienen).

Lesen eines Jahresabschlusses: Mehrjährige Aufwendungen und das Periodisierungsprinzip

Ein Beispiel kann hilfreich sein. Wenn ein Unternehmen ein neues Auto kauft, muss bei der Erstellung des Jahresabschlusses entschieden werden, welcher Teil der Anschaffungskosten des Autos als Aufwendungen pro Jahr berücksichtigt werden soll (die so genannte „Abschreibung“), da es klar ist, dass das Unternehmen das Auto mehrere Jahre lang nutzen kann. Würden die gesamten Anschaffungskosten für das Auto in dem Geschäftsjahr berücksichtigt, in dem es angeschafft wurde, würde der Jahresabschluss eine Verzerrung erfahren. Genauso wie es falsch wäre, die Anschaffungskosten überhaupt nicht zu berücksichtigen, da das Auto nicht ewig genutzt werden kann und das Autos natürlich durch jedes Jahr der Nutzung mehr abgenutzt wird und dadurch an Wert verliert. Oder denken wir an zwei identische Unternehmen, die Kekse herstellen und denen im Dezember 01 beiden das Mehl ausgeht und die sich beide für die Keks-Produktion im Januar 02 neues Mehl besorgen müssen.

Das eine beschließt, das Mehl bereits im Dezember 01 zu kaufen, das andere im Januar 02. Es scheint ganz klar, dass in einem solchen Fall die Bilanz zum 31.12.01 das gleiche Ergebnis zeigen sollte. Es wäre nicht richtig, dass die Entscheidung des einen Unternehmens, einen Monat vor dem anderen - und damit noch im alten Geschäftsjahr - Mehl zu kaufen, die GuV 01 negativ beeinflusst. Der Ersteller des Jahresabschlusses muss sicherstellen, dass das Jahresergebnis und das Eigenkapital korrekt ermittelt werden, d. h. dass sie repräsentativ für die Leistung des Unternehmens sind. Um die im Beispiel gestellte Frage zu beantworten, sollte in der Gewinn- und Verlustrechnung beider Unternehmen nur das während des Jahres 01 verbrauchte Mehl berücksichtigt werden, unabhängig davon, wann es gekauft wurde. Auf diese Weise werden die beiden Jahresüberschüsse nicht durch eine einfache zeitliche Differenz hinsichtlich des Zeitpunkts des Rohstoffeinkaufs beeinflusst.

Die wahrheitsgetreue Darstellung des Jahresabschlusses

Bei der Erstellung des Jahresabschlusses müssen gesetzlich geregelte Vorgaben (die sogenannten „Bewertungsvorschriften“) angewendet werden, die naturgemäß subjektiv sind. Aus diesem Grund verlangt das HGB die Erstellung eines „wahrheitsgetreuen“, jedoch nicht eines „absolut richtigen“ oder „wahren“ Jahresabschlusses, da es einen solchen nicht geben kann. „Wahrheitsgetreu“ bedeutet i. S. d. HGB einen Jahresabschluss, der gemäß der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) erstellt wurde und insofern objektiv, d. h. intersubjektiv nachprüfbar, ist.






Bewertungskriterien

Der Ersteller des Jahresabschlusses darf die inhärente Subjektivität dieser Bewertungskriterien nicht dazu nutzen, andere Ziele als die wahrheitsgetreue Darstellung zu verfolgen. Nehmen wir als Beispiel die Kundenforderungen: Das HGB schreibt vor, dass im Jahresabschluss nur dann der Wert ausgewiesen wird, zu dessen Einziehung das Unternehmen berechtigt ist, wenn der sog. beizulegende Wert nicht (dauerhaft) niedriger ist. Wenn Sie sich nun fragen, warum, könnte ich Ihnen mit einer Gegenfrage antworten: Wenn Sie einem Freund vor einigen Jahren Geld geliehen haben und Sie immer noch darauf warten, dass er es Ihnen zurückzahlt, würden Sie diesen Kredit als Teil Ihres Vermögens betrachten?

Ich denke, nein. Sie würden ihn als Verlust betrachten, und in der Bilanz des Unternehmens ist es das gleiche.

Wenn ein Kunde das Unternehmen 60 Tage nach dem Kauf der Ware hätte bezahlen müssen und bereits 3 Jahre vergangen sind, wird er dann noch zahlen oder nicht? Sie verstehen, dass es nicht einfach ist, diese Frage zu beantworten (die Antwort ist wahrscheinlich nein). Sie können (und müssen) Überlegungen anstellen, durch die Sie den Betrag definieren, den Sie glauben, eintreiben zu können. Nichtsdestotrotz könnten zwei verschiedene Ersteller des Jahresabschlusses, die beide in gutem Glauben sind, auch zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Wenn wir vom „falschen Jahresabschluss“ sprechen, denken wir sofort an die Erfassung von fiktiven Transaktionen (falsche Rechnungen, nichtexistierende Lagerbestände usw.). Eine falsche Rechnungslegung (oder genauer gesagt das Vergehen der falschen Unternehmenskommunikation) liegt aber auch dann vor, wenn der Geschäftsführer wissentlich subjektive Bewertungskriterien falsch angewandt hat. Ein Beispiel? Der Glaube, eine seit 4 Jahren überfällige Forderung einzutreiben, ohne über verlässliche Informationen für eine solche Einschätzung zu verfügen. Die Bewertung solcher Forderungen unterliegt bestimmten Kriterien, die wir uns gleich genauer ansehen werden, wie durch die nationalen Rechnungslegungsstandards dargestellt.

Weitere Vorgaben des Gesetzgebers

Das HGB legt auch die Formate für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung fest, die von Kapitalgesellschaften übernommen werden müssen (§ 266, § 275 HGB). Der Gesetzgeber hat zudem auch die Bewertungskriterien geregelt (insbesondere § 253, § 255 HGB), d. h. die Regeln und Überlegungen, die anzuwenden sind, um die in den Jahresabschluss aufzunehmenden Zahlen zu ermitteln. Ein Beispiel hierzu habe ich zuvor bereits mit den Forderungen an Kunden genannt. Das HGB enthält auch weitere Vorgaben, wie z. B. bezüglich Anhangsangaben und Lagebericht, auf die an dieser Stelle aber nicht weiter eingegangen werden soll.

Die vom Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) herausgegebenen Deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS)

Um einen Jahresabschluss richtig lesen zu können, reicht es nicht aus, das Gesetz zu kennen, man muss auch mit den deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS) vertraut sein. Die gesetzlichen Bestimmungen sind in der Tat sehr knapp gehalten und genügen selbst demjenigen, der eine entsprechende Vorbereitung auf das Thema hat, nicht für eine korrekte Erstellung des Jahresabschlusses. Der Gesetzgeber hat ein spezielles Gremium, das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), mit der Herausgabe von Standards beauftragt, die auf technischer und operativer Ebene veranschaulichen, wie die im deutschen Handelsgesetzbuch enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen auszulegen sind. Diese Standards sind weitaus analytischer und umfangreicher als die im deutschen Handelsgesetzbuch enthaltenen Regeln. Sie gelten unmittelbar nur für den Konzernabschluss, sind grundsätzlich aber auch für den Jahresabschluss von einer gewissen Relevanz.

Wenn dann immer noch nicht klar ist, wie die Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften funktioniert, können Sie natürlich ein Fachbuch kaufen oder einen Kurs besuchen. Es ist nicht einfach zu lernen, wie man einen Jahresabschluss liest, und ihn bis in die Tiefen zu verstehen. So gibt es eine Vielzahl von Büchern und Kommentaren zum HGB, die teilweise mehr 1.000 Seiten haben!

Lesen des Abschlusses eines börsennotierten Unternehmens: IAS/IFRS

Seit 2005 ist das HGB nicht mehr die einzige Rechtsquelle für Unternehmensabschlüsse. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates wurden in der Europäischen Union die internationalen Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS eingeführt. Börsennotierte Konzerne müssen verpflichtend (§ 315e Abs. 1 u. 2 HGB) und nicht-börsennotierte Konzerne können (§ 315e Abs. 3 HGB) ihre Konzernabschlüsse nach diesen internationalen Rechnungslegungsvorschriften erstellen. Der Jahresabschluss, auch Einzelabschluss genannt, muss aber weiterhin zwingend nach HGB aufgestellt werden. Für reine Veröffentlichungszwecke kann zusätzlich ein IAS-/IFRS-Jahresabschluss erstellt werden (§ 325 Abs. 2a HGB).

Das Ziel der internationalen Rechnungslegungsstandards ist es, die Entwicklung der globalen Finanzmärkte zu fördern.

Daher folgen IAS-/IFRS-Abschlüsse nicht den Regeln des HGB, die durch die IAS/IFRS „ersetzt“ werden. Dabei handelt es sich um komplexere (und damit aufwändigere) Bilanzierungsvorschriften. Um eine Vorstellung von der Komplexität des Themas zu vermitteln, sei hierin lediglich darauf hingewiesen, dass die IAS-/IFRS-Rechnungslegungsvorschriften ca. 3.000 Seiten umfassen und die der relevanten HGB-Paragraphen ca. 80.