FIAC - Prof. Dr. Knut Henkel


Nachhaltigkeits- und Finanzberichterstattung

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1. Jahresabschluss: Für wen?

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Wie liest man einen Jahresabschluss - Erste Folge
Was ist das, an wen richtet er sich und welche Informationsfunktion hat er?


Original (italienisch) von Prof. assoc. Fabrizio Bava (10.07.2020) https://www.fabriziobava.com/blog/leggere-un-bilancio/
Aus dem Italienischen übersetzt von Prof. Dr. Knut Henkel (23.09.2021) https://www.knuthenkel.de/Blog/



Die Bilanz wird oft (zu Unrecht) als etwas Langweiliges für Insider angesehen. Meiner Meinung nach sollte jeder die Grundlagen kennen. Einen Jahresabschluss lesen zu können, ist für jeden nützlich, für Führungskräfte ebenso wie für Mitarbeiter:innen, für Ingenieur:innen, Rechtsanwält:innen, Richter:innen, Lernende und Studierende. Diese Beiträge sind in erster Linie ihnen gewidmet, aber es gibt vielleicht auch Buchhalter:innen, Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen, die, da sie sich in ihrem Beruf mit anderen Dingen befassen müssen, vielleicht einiges Wissen auffrischen möchten.

Was ist der Jahresabschluss eines Unternehmens

Unter Nicht-Fachleuten hat der Jahresabschluss im Allgemeinen nicht unbedingt den besten Ruf. Jahresabschlüsse werden oft als etwas Langweiliges angesehen. Eine der vielen (zu vielen) Anforderungen an Unternehmen. Etwas, das man an den Steuerberater delegieren kann oder in größeren Unternehmen von ausschließlichem Interesse für den Finance-Bereich ist. Aber dem ist nicht so. Wobei es seinem Ansehen aber auch nicht gerade hilft, wenn in Finanzskandalen davon die Rede ist, dass der Jahresabschluss eines Unternehmens manipuliert wurde (z. B. Wirecard).

Es wird ihm schon etwas gerechter, wenn er als „Visitenkarte“ eines Unternehmens bezeichnet wird, aber selbst dieser Vergleich schmälert seine Bedeutung. Die Visitenkarte eines jeden von uns beschränkt sich auf die Angabe einiger weniger persönlicher Informationen und Kontaktdaten sowie der beruflichen Tätigkeit. Der Jahresabschluss eines Unternehmens legt viel mehr offen, wenn er aufmerksam gelesen (und vorbereitet) wird, nämlich den Gesundheitszustand des Unternehmens (und vieles mehr).

Es ist so, als würden wir neben unserer Visitenkarte auch unsere Krankenakte aushändigen.

Aus den Trends, die aus den Jahresabschlüssen der letzten Jahre hervorgehen, lässt sich nicht nur die Leistung des Unternehmens erkennen, sondern auch sein Gesundheitszustand vorhersagen. Ein Fußballfan könnte aus den Bilanzen ablesen, wie die Chancen seiner Lieblingsmannschaft auf den Gewinn der Meisterschaft stehen. Es gibt Ausnahmen, aber das z. B. ein Aufsteiger aus der 2. Bundesliga direkt Meister wird (wie der 1. FC Kaiserslautern 1997/98) ist bisher nur einmal vorgekommen.

Für wen ist „Wie liest man einen Jahresabschluss?“ von Interesse?

Wenn es um die Erstellung des Jahresabschlusses geht, heißt es immer wieder, dass es sich dabei um eine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht handelt, weil sie durch das Handelsgesetzbuch (HGB) vorgeschrieben ist. Auch wenn dies stimmt, wird ihm mit dieser Aussage jedoch eine unzureichende Bedeutung beigemessen. Unternehmen würden Jahresabschlüsse auch dann erstellen, wenn sie nicht gesetzlich dazu verpflichtet wären. Sicherlich würden sie sie in diesem Fall nicht veröffentlichen (Kapitalgesellschaften müssen dies tun), zumindest nicht, wenn daraus hervorgeht, dass der Gesundheitszustand des Unternehmens nicht gut ist. Ein Unternehmer investiert und riskiert Geld, teils sein eigenes (und das seiner möglichen Partner) und teils von Dritten (Kredite). Die Erstellung des Jahresabschlusses in regelmäßigen Abständen ist unerlässlich, um zu verstehen, wie das Geschäft läuft, und um folglich die grundlegenden Entscheidungen für die Zukunft des Unternehmens zu treffen.

Dank des Jahresabschlusses kann die Ausschüttung beschlossen werden, d. h. wie viel vom Unternehmen erwirtschafteter Gewinn an die Eigentümer ausgeschüttet werden kann (vorausgesetzt, es wurde Gewinn erwirtschaftet). Der Jahresabschluss ist auch die Grundlage für die Bewertung des Managements und der umgesetzten Strategien sowie der Fähigkeit der Belegschaft, die gesetzten Ziele zu erreichen, und liefert zudem den Ausgangspunkt für die Bestimmung der Höhe der fälligen Steuern (Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften).

Die zahlreichen Stakeholder

Zu verstehen, wie man einen Jahresabschluss liest, ist für eine Reihe von Personen (Adressaten) wichtig, die als Stakeholder bezeichnet werden.


Angefangen bei den Lieferanten, die sich fragen, ob ein Risiko besteht, dass sie nicht bezahlt werden, bis hin zu den Kunden, die wissen möchten, ob das Unternehmen in der Lage sein wird, seine Verpflichtungen ihnen gegenüber zu erfüllen. Es sollte ein Anliegen einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters sein, die Bilanz des Unternehmens, in dem sie angestellt sind, zu verstehen, um zu wissen, ob z. B. eventuell Arbeitsplätze gefährdet sind oder ob ein Antrag auf eine Gehaltserhöhung Chancen hat. Für das Bankensystem ist der Jahresabschluss ein wesentliches Instrument, um die „Kreditwürdigkeit“ des Unternehmens zu prüfen, auch wenn das Rating auch auf zahlreichen anderen Informationsquellen basiert. Ebenso sind Jahresabschlüsse für Finanzanalysten unerlässlich, die beurteilen müssen, ob sie eine Investition in ein Unternehmen empfehlen sollen oder nicht. Richter:innen müssen verstehen, wie man eine Bilanz liest, um mit ihren Berater:innen sprechen zu können. Anwält:innen müssen Bilanzen verstehen, um berufliche Tätigkeiten wie z. B. als Insolvenz- oder Gesamtvollstreckungsverwalter:in oder als Berater:in in Umschuldungsverfahren ausüben zu können. Aber auch, um Direktoren, Wirtschaftsprüfer:innen und Revisoren, denen ein Gesetzesverstoß vorgeworfen wird, besser verteidigen zu können. Das Interesse an der Leistung eines Unternehmens kann aber auch die gesamte Gemeinschaft betreffen, wenn das Unternehmen groß ist.

Man bedenke in diesem Zusammenhang das berühmte Zitat, das dem Anwalt Agnelli zugeschrieben wird: „Was gut für Fiat ist, ist auch gut für Italien.“

Was die Rechnungslegungsstandards aussagen

In den nationalen Rechnungslegungsvorschriften, dem Handelsgesetzbuch (HGB) ergänzt um die Deutschen Rechnungselgungsstandards (DRS), sind explizit keine bestimmten Adressaten der Rechnungslegung genannt. In den einschlägigen Lehrbüchern werden eine Vielzahl an unternehmensinternen und –externen Adressaten erwähnt. Stark vereinfacht ist jeder, der ein berechtigtes Interesse an den Geschäftsdaten eines Unternehmens hat, Adressat der Rechnungslegung dieses Unternehmens. Als primären Empfänger von Abschlussinformationen werden häufig diejenigen genannt, die dem Unternehmen finanzielle Mittel zur Verfügung stellen: Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger. Da in Kontinentaleuropa (anders als z. B. in Großbritannien und den USA) die meisten Finanzierungen über Kredite erfolgen, sind Banken und damit Fremdkapitalgeber de facto die Hauptadressaten der deutschen/europäischen Rechnungslegung, was sich auch durch die wesentlichen Bewertungsprinzipien (Stichwort Vorsichtsprinzip) manifestiert. In der Internationalen Rechnungslegung (IFRS) hingegen steht der Eigenkapitalgeber mehr im Fokus der Berichterstattung. Daher findet man dort auch häufiger eine Fair Value- Bewertung vor.

Verstehen des Jahresabschlusses beim Kauf im Internet

Aber auch für den Normalbürger ist es wichtig zu verstehen, wie man einen Jahresabschluss liest, zum Beispiel beim Einkaufen im Internet! Sie denken jetzt wahrscheinlich, was hat das denn damit zu tun? Wenn Bilan Zierer in ein herkömmliches Geschäft geht, um ein Haushaltsgerät zu kaufen, geht er damit aus dem Laden und packt es in sein Auto. In diesem Fall ist der Jahresabschluss dieses Einzelhandelsunternehmens nicht relevant. Wenn Bilan Zierer jedoch im Internet einkauft, bezahlt er zunächst und erst dann kommt das Gerät zu ihm nach Hause.

Es ist jedoch schon mehr als einmal vorgekommen, dass ein bekanntes, auf E-Commerce spezialisiertes Geschäft von zahlreichen Kunden des Betrugs bezichtigt wurde, weil die gekauften und bezahlten Produkte nie geliefert wurden. Und wie bereits in Vergangenheit in einigen dieser Fälle ans Licht getreten ist, handelte es sich dabei nicht zwangsweise um organisierten Betrug – manchmal war der Laden schlicht illiquide. Wahrscheinlich hatte er mit den Erlösen der letzten Verkäufe verzweifelt versucht, einen Zahlungsausfall zu vermeiden (z. B. durch Bezahlung von Lieferanten), jedoch ohne Erfolg. Hätte Bilan Zierer einen Blick in den Jahresabschluss geworfen (was zugegebener Weise eventuell nicht immer möglich ist), hätte er ein ernsthaftes finanzielles Ungleichgewicht erkannt und seine Einkäufe vielleicht bei einem anderen E-Commerce-Anbieter getätigt. Aber viel mehr als für den Otto-Normalbürger ist natürlich von Bedeutung, dass Unternehmer und Führungskräfte ohne kaufmännische Fachkenntnisse (viele CEOs sind z. B. Ingenieure) ebenso - um bei mittelständischen Unternehme (KMUs) zu bleiben - wie die Kinder des Firmeninhabers, die das Kommando übernehmen werden, den Jahresabschluss verstehen.

Welche grundlegenden Fragen der Unternehmer können beantwortet werden?

Mit Hilfe des Jahresabschlusses und seiner anschließenden „Aufbereitung“ (maßgeblich für die Jahresabschlussanalyse, auf die ich gleich eingehen werde) versucht der Unternehmer, mehrere grundlegende Fragen zu beantworten, u. a.:

• Ist mein Geschäft profitabel?
• Lohnt es sich, mein Geld in das Unternehmen zu investieren?
• Soll ich das Geschäft weiterführen?
• Schaffe ich es, meine Umsätze zu Geld machen?
• Schaffe ich es, meine Lieferungen zu bezahlen?
• Wird mir der Lieferant einen Zahlungsaufschub gewähren?
• Sind meine Vorratsbestände zu hoch?
• Wie ist es möglich, dass der Umsatz gestiegen ist, ich aber weniger Geld auf meinen Bankkonten habe?
• Warum habe ich den Umsatz gesteigert und den Betriebsverlust erhöht?
• Kann ich es mir leisten, neues Personal einzustellen?
• Sind die Fremdkapitalkosten mit der Rentabilität des Unternehmens vereinbar?
• Wird mir die Bank einen Kredit geben?
• Wird es mir gelingen, Investoren zu finden, die an einem Einstieg in das Unternehmen interessiert sind?

Wie liest man einen Jahresabschluss? Das kann jeder!

Um zu verstehen, wie man einen Jahresabschluss liest und diese und andere Fragen zu beantworten, muss man kein Buchhalter sein oder gar einen Abschluss in Betriebswirtschaft haben. Natürlich braucht es etwas Zeit und es reicht nicht, einen oder zwei Artikel im Internet zu lesen. Kaufen Sie stattdessen lieber ein gutes Buch für Nicht-Fachleute (davon gibt es nicht viele), besuchen Sie einen Kurs bei einem guten Dozenten oder lesen Sie die nächsten Folgen - entscheiden Sie selber!

Apropos die nächsten Folgen.... um was es dort gehen wird.

Starten Sie den Mini-„Kurs“ über das Lesen einer Bilanz.

Wir werden zunächst ein grundlegendes Konzept klären, das nicht nur für diejenigen wichtig ist, die den Jahresabschluss verstehen wollen: den Unterschied zwischen Ertrag (Verdienst) und Einnahmen (Geld, Cash). Es gibt Menschen, die gut verdienen, aber nie Geld haben, in der Regel, weil sie „Löcher in den Taschen“ haben. Für Unternehmen ist die Angelegenheit komplexer, denn um zu verdienen, müssen sie zunächst in Vorleistung gehen und Aufwendungen erbringen und sind dann, nach dem Verkauf, nicht sicher, ob die Forderungen vom Kunden auch beglichen werden.


Im Allgemeinen Sprachgebrauch werden folgende Begriffe oft synonym verwendet: Einzahlung, Einnahmen, Ertrag, Leistung bzw. Auszahlung, Ausgaben, Aufwand bzw. Kosten. Um einen Jahresabschluss richtig lesen zu können, ist es jedoch wichtig bei den zuvor genannten Begriffen wie folgt zu unterscheiden. Da der Jahresabschluss auf dem Unternehmen extern vorgebebenen Rechnungslegungsvorschriften beruht, wird dieser Teil des Rechnungswesens auch als externes Rechnungswesen bezeichnet. Davon abzugrenzen ist das interne Rechnungswesen, oft auch als Kosten- und Leistungsrechnung oder Controlling bezeichnet, wo das Unternehmen für interne Berechnungen frei von jeglichen Rechtsvorschriften ist. Das Begriffspaar Kosten und Leistungen stammt aus dem internen Rechnungswesen und findet daher im Folgendem keine weitere Verwendung. Die Begriffspaare des externen Rechnungswesens Auszahlung/Einzahlung sowie Ausgabe/Einnahme stehen für die finanzwirtschaftliche Seite des externen Rechnungswesens, also die Geldvermögensebene, auch Liquidität oder Cashflow bezeichnet. Hier geht es also um die Fragestellung, ob man genug Geld hat oder sich eventuell Geld leihen muss. Das Begriffspaar Aufwand/Ertrag gibt hingegen im externen Rechnungswesen die rein wirtschaftliche/ökonomische Sichtweise wieder. Hier geht es also um die Frage, ob man mit dem Unternehmen etwas verdient hat oder nicht, sprich ob man Gewinn oder aber eventuell Verlust gemacht hat. Beides ist wichtig, es handelt sich hierbei jedoch zunächst einmal um zwei unterschiedliche Sichtweisen auf den Jahresabschluss.

Es kann also passieren (und passiert leider oft), dass ein Unternehmen zwar einen guten Gewinn macht, aber gleichzeitig kein Geld hat, um seine Schulden bezahlen zu können! In der nächsten Folge werden wir sehen, wie wichtig es für das Verständnis eines Jahresabschlusses ist, den Unterschied und die Verbindungen zwischen dem Einkommen (Gewinn) und Vermögen des Unternehmens zu kennen.

Unternehmen schaffen Werte, aber nur unter einer Bedingung: Sie müssen Gewinne erwirtschaften. Wie wird der Wert des Unternehmens gesteigert? Er erhöht sich durch den „Gewinn“, aber unter der Bedingung, dass er ganz oder teilweise im Unternehmen verbleibt (und nicht ausgeschüttet wird). Auf die gleiche Weise vermehrt eine Familie ihr Vermögen, wenn diejenigen, die ein Gehalt bekommen, es schaffen, etwas davon zu sparen.

Wir werden die Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses kennenlernen: das Gesetz (HGB) und die nationalen Rechnungslegungsstandards (DRS), die vom Deutschen Rechnungslegung Standards Committee (DRSC) herausgegeben werden. Die Rechnungslegungsvorschriften stellen sicher, dass die Abschlüsse von Unternehmen nach den gleichen Regeln erstellt werden und miteinander vergleichbar sind. Und wir werden die Frage beantworten: Warum müssen Abschlüsse „wahrheitsgetreu“ und nicht wahr sein? Dann werden wir die Frage beantworten: wie viele Jahresabschlüsse gibt es eigentlich? Denn um die Frage „Wie lese ich einen Jahresabschluss?“ zu beantworten, müssen wir auch wissen, was eigentlich Gegenstand eines Jahresabschlusses sein sollte.

Wir müssen wissen, welche Art von Jahresabschlüssen das Unternehmen, für das wir uns interessieren, erstellen muss.

Alle Unternehmen erstellen Jahresabschlüsse, aber nicht alle müssen dies auf die gleiche Weise tun. Auch der Jahresabschluss stellt einen Kostenfaktor dar, und der Gesetzgeber hat versucht, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Stakeholder des Unternehmens und den Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses zu finden. Abschließend, zumindest für den Moment, werden wir uns mit einem weiteren Konzept beschäftigen: dem Unterschied zwischen dem Betriebsaufwand und einer Investition.

Ausgehend von diesem Unterschied werden wir auf die Abschreibung von Vermögenswerten sowie auf die bilanzielle Behandlung der Vorräte eingehen (ein komplexes Thema, das es zu vertiefen gilt). Ein grundlegender Aspekt ist nämlich die Entscheidung, ob die Ausgaben, die für eine Anschaffung anfallen, in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) oder der Bilanz erfasst werden müssen. Im ersten Fall reduzieren sie als Aufwendungen die GuV und damit den Jahresüberschuss, mit dem Ansatz in der Bilanz hingegen stellen sie einen Vermögenswert dar, der die Aktiva des Unternehmens erhöht. Und nachdem dann klar ist, wie man einen Jahresabschluss liest, gilt es sich der Analyse der Bilanz zu stellen, den Techniken zur Vertiefung der Kenntnisse über den Gesundheitszustand des Unternehmens...



Versione bilingue / Bilinguale Version

ITALIANO

Come leggere un bilancio - Prima puntata
Che cosa è, a chi è rivolto e ruolo informativo

Originale (italiano) da Prof. assoc. Fabrizio Bava (10.07.2020); https://www.fabriziobava.com/blog/leggere-un-bilancio/


Il bilancio è spesso (ingiustamente) considerato qualcosa di noioso per addetti ai lavori. Secondo me tutti dovrebbero conoscerne le basi. Saper leggere un bilancio è utile un po’ a tutti, ad imprenditori e dipendenti, ingegneri, avvocati, magistrati, studenti delle scuole superiori e studenti universitari. Questi articoli sono dedicati prevalentemente a loro, ma ci sono anche ragionieri e dottori commercialisti che occupandosi di altro nella propria professione, potrebbero gradire un ripasso di alcuni concetti.



Che cosa è il bilancio dell´impresa

L’immagine di sé che ha il bilancio tra i non specialisti non gli fa onore. Spesso il bilancio d’esercizio viene visto come qualche cosa di noioso. Uno dei tanti (troppi) adempimenti delle imprese, qualcosa da delegare al commercialista o nelle imprese più grandi, di interesse esclusivo degli uffici amministrativi. Ma non è così. Talvolta, peggio ancora, se ne parla in occasione di scandali finanziari per sottolineare che i bilanci dell’impresa erano truccati (es. Parmalat e, recentemente, Bio-On).


È già meglio definirlo il “biglietto da visita” di un’impresa, ma anche questo paragone ne sminuisce la portata. Il biglietto da visita di ciascuno di noi si limita a comunicare informazioni anagrafiche, attività lavorativa e riferimenti per i contatti. Il bilancio dell’impresa comunica molto di più, se letto da un occhio attento (e preparato) comunica lo stato di salute dell’impresa (e molto altro).


È come se con il biglietto da visita consegnassimo anche la nostra cartella clinica.

Dai trend che emergono dai bilanci degli ultimi anni non soltanto si riesce a capire la performance dell’impresa ma è possibile prevederne lo stato di salute.Un tifoso di calcio dai bilanci potrebbe capire quali sono le possibilità di vincere il campionato della sua squadra del cuore. Ci sono le eccezioni, ma il Leicester di Ranieri ha vinto una soltanto una volta!


A chi dovrebbe interessare seguire „ come leggere un bilancio?

In molti quando introducono il bilancio d’esercizio sottolineano che è un obbligo di legge, perché la sua redazione annuale è richiesta dal codice civile, ma anche se è corretto, questa affermazione ne sminuisce l’importanza. Le imprese farebbero il bilancio d’esercizio anche se non fosse obbligatorio per legge. Certamente però, se non fossero obbligate, non lo renderebbero pubblico (lo è per legge per le società di capitali), quantomeno nelle situazioni in cui si capirebbe che lo stato di salute dell’impresa non è buono. Un imprenditore investe e rischia del denaro, in parte suo (e dei suoi eventuali soci) ed in parte di terzi (prestiti). La redazione del bilancio periodicamente è indispensabile per capire come va il business e, conseguentemente, assumere le decisioni fondamentali per il futuro dell’impresa.




È grazie al bilancio che si può decidere il dividendo, cioè quanta ricchezza creata dall’impresa può essere distribuita ai soci (sempre che vi sia stata creazione di ricchezza). Il bilancio è anche alla base della valutazione del management e delle strategie attuate, così come della capacità dei dipendenti di raggiungere gli obiettivi prefissati. Il bilancio è anche il punto di partenza per definire l’ammontare delle imposte dovute (l’IRES e l’IRAP per le società di capitali).



I numerosi stakeholder

Capire come leggere un bilancio è importante per numerosi soggetti, definiti stakeholder.

Dai fornitori che si domandano se vi è il rischio di non incassare le forniture, ai clienti che si chiedono se l’impresa sarà in grado di portare a termine l’impegno nei loro confronti. Capire il bilancio dell’impresa in cui si lavora dovrebbe essere un obiettivo dei dipendenti che hanno l’interesse a sapere se il loro posto di lavoro è a rischio. Oppure se possono azzardare la richiesta di un incremento dello stipendio. Il bilancio è uno strumento essenziale per il sistema bancario per definire il “merito creditizio” dell’impresa, anche se il rating è basato su numerose altre fonti informative, non certamente soltanto sul bilancio d’esercizio. Allo stesso modo il bilancio è fondamentale per gli analisti finanziari, per chi deve valutare se consigliare o meno di investire in un’impresa. I magistrati devono capire come leggere un bilancio per dialogare con i propri consulenti.


Gli avvocati devono capire il bilancio per poter svolgere attività professionali come il curatore fallimentare o l’amministratore giudiziale o il consulente nelle procedure di ristrutturazione del debito. Ma è importante anche per riuscire a difendere al meglio amministratori, sindaci e revisori accusati di avere violato la legge. L’interesse verso l’andamento di un’impresa può anche diventare quello dell’intera collettività quando l’impresa è di grandi dimensioni.

Ricordo il famoso detto attribuito all’avv. Agnelli: “Ciò che va bene per la Fiat, va bene per l’Italia”.

Cosa dicono i principi contabili

Nell’ambito dei principi contabili nazionali emanati dall’OIC – l’Organismo Italiano di Contabilità (tali regole saranno oggetto di una prossima puntata), i destinatari del bilancio sono così individuati dall’OIC 11 (par. 9).

I destinatari primari dell’informazione del bilancio sono coloro che forniscono risorse finanziarie all’impresa: gli investitori, i finanziatori e gli altri creditori.









Capire il bilancio quando compri su internet

Ma è importante capire come leggere un bilancio anche per i normali cittadini, ad esempio quando fanno gli acquisti su internet! Starete pensando… e questa cosa c’entra? Quando si va a comprare in un negozio tradizionale un elettrodomestico, si esce e lo si carica nella propria auto. In questi casi, non è rilevante conoscere il bilancio di quell’impresa (che svolge l’attività di vendita al dettaglio). Quando però compri sul web, prima paghi e poi, soltanto dopo, arriverà a casa l’elettrodomestico.

Ed è già capitato, che un noto negozio specializzato sull’e-commerce sia stato accusato da molti clienti di truffa, perché numerosi prodotti acquistati e pagati, non erano mai stati consegnati. Striscia la notizia svelò l’arcano, il negozio non aveva organizzato una truffa, era “semplicemente” fallito. Aveva probabilmente utilizzato gli incassi delle ultime vendite per cercare disperatamente di evitare il default (ad esempio, pagando i fornitori), senza successo. Se gli acquirenti avessero guardato il bilancio (forse, non sempre è possibile) avrebbero individuato un grave squilibrio finanziario ed effettuato gli acquisti da un altro sito. Ecco perché un imprenditore, così come un manager con skills non di tipo amministrativo (molti CEO sono ingegneri) e, rimanendo nelle PMI, i figli dell’imprenditore che prenderanno le redini del comando, devono capire il bilancio.






A quali quesiti fondamentali per l’imprenditore può dare risposta?

Attraverso il bilancio d’esercizio, la sua successiva “elaborazione” (strumentale all’analisi di bilancio di cui mi occuperò prossimamente), l’imprenditore cerca di rispondere a numerosi quesiti fondamentali, tra i quali:

• La mia impresa rende?

• Mi conviene investire il mio denaro nell’azienda?

• Mi conviene continuare l’attività?

• Riesco ad incassare le vendite?

• Riuscirò a pagare le forniture?

• I fornitori mi concederanno la dilazione sui pagamenti?

• Le mie rimanenze di magazzino sono troppo elevate?

• Come è possibile che sono aumentate le vendite ma ho meno liquidità sui conti correnti?

• Perché ho incrementato il fatturato e sono aumentate le perdite di gestione?

• Mi posso permettere di assumere nuovo personale?

• Il costo dell’indebitamento è coerente con la redditività dell’impresa?

• La banca mi concederà un finanziamento?

• Riuscirò a trovare investitori interessati ad entrare nella compagine societaria?


Come leggere un bilancio: tutti possono riuscirci!

Per capire come leggere il bilancio e riuscire a rispondere a questi e ad altri quesiti non è necessario essere ragionieri o persino laureati in economia aziendale. Certo ci vuole un po’ di tempo e non basta leggere uno o due articoli sul web. Basta acquistare un buon libro per non addetti (non ce ne sono molti), o seguire un corso con un buon docente o, a voi il giudizio, leggere le prossime puntate!


A proposito delle prossime puntate…. di cosa parleremo


Che il mini “corso” come leggere un bilancio abbia inizio

Inizieremo a chiarire un concetto fondamentale e non soltanto per chi vuole capire il bilancio: la differenza tra reddito (guadagno) e cassa (denaro). C’è chi pur guadagnando è sempre senza denaro, ed in genere è perché ha le tasche bucate. Per le imprese il tema è più complesso, perché per poter guadagnare devono prima sostenere dei costi e poi, dopo avere venduto, non sono sicure di incassare il credito.


















Può quindi capitare (e purtroppo capita spesso) che un’impresa abbia un buon guadagno ma contemporaneamente sia senza i soldi per poter pagare i debiti! Nella puntata successiva sottolineeremo come per capire come leggere il bilancio sia fondamentale anche conoscere la differenza ed i collegamenti tra reddito (guadagno) e patrimonio dell’impresa (ricchezza).

Le imprese creano ricchezza, ma a una condizione, che producano profitti. Come fa ad aumentare la ricchezza dell’impresa? Si incrementa grazie al “guadagno” ma a condizione che tutto o parte di esso si decida di lasciarlo a disposizione dell’impresa. Allo stesso modo una famiglia aumenta la propria ricchezza iniziale se coloro che hanno uno stipendio riescono a risparmiare qualcosa.



Nelle prossime puntate di “come leggere un bilancio” passeremo dai concetti all’analisi delle “regole”

Individueremo le fonti del bilancio: le norme di legge ed i principi contabili nazionali emessi dall’Organismo Italiano di Contabilità. Le regole guida per il redattore volte a garantire la redazione dei bilanci seguendo le stesse regole e la comparabilità dei bilanci delle imprese tra loro. E risponderemo al quesito: perché il bilancio deve essere “veritiero” e non vero? Successivamente risponderemo alla domanda: ma quanti bilanci ci sono? Perché per rispondere a “come leggere un bilancio” bisogna anche sapere che cosa ci dobbiamo aspettare di trovare nel bilancio dell’impresa.




Dobbiamo sapere quale tipo di bilancio è tenuta a redigere l’impresa a cui siamo interessati.

Le imprese fanno tutte un bilancio ma non tutte sono tenute a farlo nello stesso modo. Il bilancio è anche un costo ed il legislatore ha cercato il punto di equilibrio tra l’interesse degli stakeholder verso l’impresa e il costo che comporta la redazione del bilancio. Infine, almeno per ora, inquadreremo un altro concetto fondamentale: quale è la differenza tra un costo (d’esercizio) ed un investimento?



Partendo da tale differenza avremo modo di introdurre il concetto di ammortamento dei beni strumentali. E il tema del trattamento in bilancio delle rimanenze di magazzino (tema complesso che meriterà approfondimenti successivi). Un aspetto fondamentale è infatti decidere se il costo sostenuto quale conseguenza dell’effettuazione di un acquisto debba essere iscritto nel CE o nello SP. Nel primo caso, infatti, partecipa alla determinazione del risultato d’esercizio, con l’iscrizione nello SP, invece, diviene un elemento dell’attivo che incrementa la ricchezza dell’impresa. E dopo avere imparato come leggere un bilancio si deve affrontare l’analisi di bilancio, le tecniche per approfondire la conoscenza dello stato di salute dell’impresa…

DEUTSCH

Wie liest man einen Jahresabschluss - Erste Folge
Was ist das, an wen richtet er sich und welche Informationsfunktion hat er?

Original (italienisch) von Prof. assoc. Fabrizio Bava (10.07.2020); https://www.fabriziobava.com/blog/leggere-un-bilancio/

Aus dem Italienischen übersetzt von Prof. Dr. Knut Henkel (23.09.2021); https://www.knuthenkel.de/Blog/

Die Bilanz wird oft (zu Unrecht) als etwas Langweiliges für Insider angesehen. Meiner Meinung nach sollte jeder die Grundlagen kennen. Einen Jahresabschluss lesen zu können, ist für jeden nützlich, für Führungskräfte ebenso wie für Mitarbeiter:innen, für Ingenieur:innen, Rechtsanwält:innen, Richter:innen, Lernende und Studierende. Diese Beiträge sind in erster Linie ihnen gewidmet, aber es gibt vielleicht auch Buchhalter:innen, Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen, die, da sie sich in ihrem Beruf mit anderen Dingen befassen müssen, vielleicht einiges Wissen auffrischen möchten.

Was ist der Jahresabschluss eines Unternehmens

Unter Nicht-Fachleuten hat der Jahresabschluss im Allgemeinen nicht unbedingt den besten Ruf. Jahresabschlüsse werden oft als etwas Langweiliges angesehen. Eine der vielen (zu vielen) Anforderungen an Unternehmen. Etwas, das man an den Steuerberater delegieren kann oder in größeren Unternehmen von ausschließlichem Interesse für den Finance-Bereich ist. Aber dem ist nicht so. Wobei es seinem Ansehen aber auch nicht gerade hilft, wenn in Finanzskandalen davon die Rede ist, dass der Jahresabschluss eines Unternehmens manipuliert wurde (z. B. Wirecard).

Es wird ihm schon etwas gerechter, wenn er als „Visitenkarte“ eines Unternehmens bezeichnet wird, aber selbst dieser Vergleich schmälert seine Bedeutung. Die Visitenkarte eines jeden von uns beschränkt sich auf die Angabe einiger weniger persönlicher Informationen und Kontaktdaten sowie der beruflichen Tätigkeit. Der Jahresabschluss eines Unternehmens legt viel mehr offen, wenn er aufmerksam gelesen (und vorbereitet) wird, nämlich den Gesundheitszustand des Unternehmens (und vieles mehr).

Es ist so, als würden wir neben unserer Visitenkarte auch unsere Krankenakte aushändigen.

Aus den Trends, die aus den Jahresabschlüssen der letzten Jahre hervorgehen, lässt sich nicht nur die Leistung des Unternehmens erkennen, sondern auch sein Gesundheitszustand vorhersagen. Ein Fußballfan könnte aus den Bilanzen ablesen, wie die Chancen seiner Lieblingsmannschaft auf den Gewinn der Meisterschaft stehen. Es gibt Ausnahmen, aber das z. B. ein Aufsteiger aus der 2. Bundesliga direkt Meister wird (wie der 1. FC Kaiserslautern 1997/98) ist bisher nur einmal vorgekommen.

Für wen ist „Wie liest man einen Jahresabschluss?“ von Interesse?

Wenn es um die Erstellung des Jahresabschlusses geht, heißt es immer wieder, dass es sich dabei um eine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht handelt, weil sie durch das Handelsgesetzbuch (HGB) vorgeschrieben ist. Auch wenn dies stimmt, wird ihm mit dieser Aussage jedoch eine unzureichende Bedeutung beigemessen. Unternehmen würden Jahresabschlüsse auch dann erstellen, wenn sie nicht gesetzlich dazu verpflichtet wären. Sicherlich würden sie sie in diesem Fall nicht veröffentlichen (Kapitalgesellschaften müssen dies tun), zumindest nicht, wenn daraus hervorgeht, dass der Gesundheitszustand des Unternehmens nicht gut ist. Ein Unternehmer investiert und riskiert Geld, teils sein eigenes (und das seiner möglichen Partner) und teils von Dritten (Kredite). Die Erstellung des Jahresabschlusses in regelmäßigen Abständen ist unerlässlich, um zu verstehen, wie das Geschäft läuft, und um folglich die grundlegenden Entscheidungen für die Zukunft des Unternehmens zu treffen.

Dank des Jahresabschlusses kann die Ausschüttung beschlossen werden, d. h. wie viel vom Unternehmen erwirtschafteter Gewinn an die Eigentümer ausgeschüttet werden kann (vorausgesetzt, es wurde Gewinn erwirtschaftet). Der Jahresabschluss ist auch die Grundlage für die Bewertung des Managements und der umgesetzten Strategien sowie der Fähigkeit der Belegschaft, die gesetzten Ziele zu erreichen, und liefert zudem den Ausgangspunkt für die Bestimmung der Höhe der fälligen Steuern (Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften).

Die zahlreichen Stakeholder

Zu verstehen, wie man einen Jahresabschluss liest, ist für eine Reihe von Personen (Adressaten) wichtig, die als Stakeholder bezeichnet werden.

Angefangen bei den Lieferanten, die sich fragen, ob ein Risiko besteht, dass sie nicht bezahlt werden, bis hin zu den Kunden, die wissen möchten, ob das Unternehmen in der Lage sein wird, seine Verpflichtungen ihnen gegenüber zu erfüllen. Es sollte ein Anliegen einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters sein, die Bilanz des Unternehmens, in dem sie angestellt sind, zu verstehen, um zu wissen, ob z. B. eventuell Arbeitsplätze gefährdet sind oder ob ein Antrag auf eine Gehaltserhöhung Chancen hat. Für das Bankensystem ist der Jahresabschluss ein wesentliches Instrument, um die „Kreditwürdigkeit“ des Unternehmens zu prüfen, auch wenn das Rating auch auf zahlreichen anderen Informationsquellen basiert. Ebenso sind Jahresabschlüsse für Finanzanalysten unerlässlich, die beurteilen müssen, ob sie eine Investition in ein Unternehmen empfehlen sollen oder nicht. Richter:innen müssen verstehen, wie man eine Bilanz liest, um mit ihren Berater:innen sprechen zu können.

Anwält:innen müssen Bilanzen verstehen, um berufliche Tätigkeiten wie z. B. als Insolvenz- oder Gesamtvollstreckungsverwalter:in oder als Berater:in in Umschuldungsverfahren ausüben zu können. Aber auch, um Direktoren, Wirtschaftsprüfer:innen und Revisoren, denen ein Gesetzesverstoß vorgeworfen wird, besser verteidigen zu können. Das Interesse an der Leistung eines Unternehmens kann aber auch die gesamte Gemeinschaft betreffen, wenn das Unternehmen groß ist.

Man bedenke in diesem Zusammenhang das berühmte Zitat, das dem Anwalt Agnelli zugeschrieben wird: „Was gut für Fiat ist, ist auch gut für Italien.“

Was die Rechnungslegungsstandards aussagen

In den nationalen Rechnungslegungsvorschriften, dem Handelsgesetzbuch (HGB) ergänzt um die Deutschen Rechnungselgungsstandards (DRS), sind explizit keine bestimmten Adressaten der Rechnungslegung genannt. In den einschlägigen Lehrbüchern werden eine Vielzahl an unternehmensinternen und –externen Adressaten erwähnt. Stark vereinfacht ist jeder, der ein berechtigtes Interesse an den Geschäftsdaten eines Unternehmens hat, Adressat der Rechnungslegung dieses Unternehmens. Als primären Empfänger von Abschlussinformationen werden häufig diejenigen genannt, die dem Unternehmen finanzielle Mittel zur Verfügung stellen: Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger. Da in Kontinentaleuropa (anders als z. B. in Großbritannien und den USA) die meisten Finanzierungen über Kredite erfolgen, sind Banken und damit Fremdkapitalgeber de facto die Hauptadressaten der deutschen/europäischen Rechnungslegung, was sich auch durch die wesentlichen Bewertungsprinzipien (Stichwort Vorsichtsprinzip) manifestiert. In der Internationalen Rechnungslegung (IFRS) hingegen steht der Eigenkapitalgeber mehr im Fokus der Berichterstattung. Daher findet man dort auch häufiger eine Fair Value-Bewertung vor.

Verstehen des Jahresabschlusses beim Kauf im Internet

Aber auch für den Normalbürger ist es wichtig zu verstehen, wie man einen Jahresabschluss liest, zum Beispiel beim Einkaufen im Internet! Sie denken jetzt wahrscheinlich, was hat das denn damit zu tun? Wenn Bilan Zierer in ein herkömmliches Geschäft geht, um ein Haushaltsgerät zu kaufen, geht er damit aus dem Laden und packt es in sein Auto. In diesem Fall ist der Jahresabschluss dieses Einzelhandelsunternehmens nicht relevant. Wenn Bilan Zierer jedoch im Internet einkauft, bezahlt er zunächst und erst dann kommt das Gerät zu ihm nach Hause.

Es ist jedoch schon mehr als einmal vorgekommen, dass ein bekanntes, auf E-Commerce spezialisiertes Geschäft von zahlreichen Kunden des Betrugs bezichtigt wurde, weil die gekauften und bezahlten Produkte nie geliefert wurden. Und wie bereits in Vergangenheit in einigen dieser Fälle ans Licht getreten ist, handelte es sich dabei nicht zwangsweise um organisierten Betrug – manchmal war der Laden schlicht illiquide. Wahrscheinlich hatte er mit den Erlösen der letzten Verkäufe verzweifelt versucht, einen Zahlungsausfall zu vermeiden (z. B. durch Bezahlung von Lieferanten), jedoch ohne Erfolg. Hätte Bilan Zierer einen Blick in den Jahresabschluss geworfen (was zugegebener Weise eventuell nicht immer möglich ist), hätte er ein ernsthaftes finanzielles Ungleichgewicht erkannt und seine Einkäufe vielleicht bei einem anderen E-Commerce-Anbieter getätigt. Aber viel mehr als für den Otto-Normalbürger ist natürlich von Bedeutung, dass Unternehmer und Führungskräfte ohne kaufmännische Fachkenntnisse (viele CEOs sind z. B. Ingenieure) ebenso - um bei mittelständischen Unternehme (KMUs) zu bleiben - wie die Kinder des Firmeninhabers, die das Kommando übernehmen werden, den Jahresabschluss verstehen.

Welche grundlegenden Fragen der Unternehmer können beantwortet werden?

Mit Hilfe des Jahresabschlusses und seiner anschließenden „Aufbereitung“ (maßgeblich für die Jahresabschlussanalyse, auf die ich gleich eingehen werde) versucht der Unternehmer, mehrere grundlegende Fragen zu beantworten, u. a.:

• Ist mein Geschäft profitabel?

• Lohnt es sich, mein Geld in das Unternehmen zu investieren?

• Soll ich das Geschäft weiterführen?

• Schaffe ich es, meine Umsätze zu Geld machen?

• Schaffe ich es, meine Lieferungen zu bezahlen?

• Wird mir der Lieferant einen Zahlungsaufschub gewähren?

• Sind meine Vorratsbestände zu hoch?

• Wie ist es möglich, dass der Umsatz gestiegen ist, ich aber weniger Geld auf meinen Bankkonten habe?

• Warum habe ich den Umsatz gesteigert und den Betriebsverlust erhöht?

• Kann ich es mir leisten, neues Personal einzustellen?

• Sind die Fremdkapitalkosten mit der Rentabilität des Unternehmens vereinbar?

• Wird mir die Bank einen Kredit geben?

• Wird es mir gelingen, Investoren zu finden, die an einem Einstieg in das Unternehmen interessiert sind?


Wie liest man einen Jahresabschluss? Das kann jeder!

Um zu verstehen, wie man einen Jahresabschluss liest und diese und andere Fragen zu beantworten, muss man kein Buchhalter sein oder gar einen Abschluss in Betriebswirtschaft haben. Natürlich braucht es etwas Zeit und es reicht nicht, einen oder zwei Artikel im Internet zu lesen. Kaufen Sie stattdessen lieber ein gutes Buch für Nicht-Fachleute (davon gibt es nicht viele), besuchen Sie einen Kurs bei einem guten Dozenten oder lesen Sie die nächsten Folgen - entscheiden Sie selber!

Apropos die nächsten Folgen.... um was es dort gehen wird.


Starten Sie den Mini-„Kurs“ über das Lesen einer Bilanz.

Wir werden zunächst ein grundlegendes Konzept klären, das nicht nur für diejenigen wichtig ist, die den Jahresabschluss verstehen wollen: den Unterschied zwischen Ertrag (Verdienst) und Einnahmen (Geld, Cash). Es gibt Menschen, die gut verdienen, aber nie Geld haben, in der Regel, weil sie „Löcher in den Taschen“ haben. Für Unternehmen ist die Angelegenheit komplexer, denn um zu verdienen, müssen sie zunächst in Vorleistung gehen und Aufwendungen erbringen und sind dann, nach dem Verkauf, nicht sicher, ob die Forderungen vom Kunden auch beglichen werden.

Im Allgemeinen Sprachgebrauch werden folgende Begriffe oft synonym verwendet: Einzahlung, Einnahmen, Ertrag, Leistung bzw. Auszahlung, Ausgaben, Aufwand bzw. Kosten. Um einen Jahresabschluss richtig lesen zu können, ist es jedoch wichtig bei den zuvor genannten Begriffen wie folgt zu unterscheiden. Da der Jahresabschluss auf dem Unternehmen extern vorgebebenen Rechnungslegungsvorschriften beruht, wird dieser Teil des Rechnungswesens auch als externes Rechnungswesen bezeichnet. Davon abzugrenzen ist das interne Rechnungswesen, oft auch als Kosten- und Leistungsrechnung oder Controlling bezeichnet, wo das Unternehmen für interne Berechnungen frei von jeglichen Rechtsvorschriften ist. Das Begriffspaar Kosten und Leistungen stammt aus dem internen Rechnungswesen und findet daher im Folgendem keine weitere Verwendung. Die Begriffspaare des externen Rechnungswesens Auszahlung/Einzahlung sowie Ausgabe/Einnahme stehen für die finanzwirtschaftliche Seite des externen Rechnungswesens, also die Geldvermögensebene, auch Liquidität oder Cashflow bezeichnet. Hier geht es also um die Fragestellung, ob man genug Geld hat oder sich eventuell Geld leihen muss. Das Begriffspaar Aufwand/Ertrag gibt hingegen im externen Rechnungswesen die rein wirtschaftliche/ökonomische Sichtweise wieder. Hier geht es also um die Frage, ob man mit dem Unternehmen etwas verdient hat oder nicht, sprich ob man Gewinn oder aber eventuell Verlust gemacht hat. Beides ist wichtig, es handelt sich hierbei jedoch zunächst einmal um zwei unterschiedliche Sichtweisen auf den Jahresabschluss.

Es kann also passieren (und passiert leider oft), dass ein Unternehmen zwar einen guten Gewinn macht, aber gleichzeitig kein Geld hat, um seine Schulden bezahlen zu können! In der nächsten Folge werden wir sehen, wie wichtig es für das Verständnis eines Jahresabschlusses ist, den Unterschied und die Verbindungen zwischen dem Einkommen (Gewinn) und Vermögen des Unternehmens zu kennen.

Unternehmen schaffen Werte, aber nur unter einer Bedingung: Sie müssen Gewinne erwirtschaften. Wie wird der Wert des Unternehmens gesteigert? Er erhöht sich durch den „Gewinn“, aber unter der Bedingung, dass er ganz oder teilweise im Unternehmen verbleibt (und nicht ausgeschüttet wird). Auf die gleiche Weise vermehrt eine Familie ihr Vermögen, wenn diejenigen, die ein Gehalt bekommen, es schaffen, etwas davon zu sparen.

In den nächsten Folgen von „Wie liest man einen Jahresabschluss?“ werden wir von der Jahresabschluss-Analyse zur Bilanzierung übergehen.

Wir werden die Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses kennenlernen: das Gesetz (HGB) und die nationalen Rechnungslegungsstandards (DRS), die vom Deutschen Rechnungslegung Standards Committee (DRSC) herausgegeben werden. Die Rechnungslegungsvorschriften stellen sicher, dass die Abschlüsse von Unternehmen nach den gleichen Regeln erstellt werden und miteinander vergleichbar sind. Und wir werden die Frage beantworten: Warum müssen Abschlüsse „wahrheitsgetreu“ und nicht wahr sein? Dann werden wir die Frage beantworten: wie viele Jahresabschlüsse gibt es eigentlich? Denn um die Frage „Wie lese ich einen Jahresabschluss?“ zu beantworten, müssen wir auch wissen, was eigentlich Gegenstand eines Jahresabschlusses sein sollte.

Wir müssen wissen, welche Art von Jahresabschlüssen das Unternehmen, für das wir uns interessieren, erstellen muss.

Alle Unternehmen erstellen Jahresabschlüsse, aber nicht alle müssen dies auf die gleiche Weise tun. Auch der Jahresabschluss stellt einen Kostenfaktor dar, und der Gesetzgeber hat versucht, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Stakeholder des Unternehmens und den Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses zu finden. Abschließend, zumindest für den Moment, werden wir uns mit einem weiteren Konzept beschäftigen: dem Unterschied zwischen dem Betriebsaufwand und einer Investition.

Ausgehend von diesem Unterschied werden wir auf die Abschreibung von Vermögenswerten sowie auf die bilanzielle Behandlung der Vorräte eingehen (ein komplexes Thema, das es zu vertiefen gilt). Ein grundlegender Aspekt ist nämlich die Entscheidung, ob die Ausgaben, die für eine Anschaffung anfallen, in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) oder der Bilanz erfasst werden müssen. Im ersten Fall reduzieren sie als Aufwendungen die GuV und damit den Jahresüberschuss, mit dem Ansatz in der Bilanz hingegen stellen sie einen Vermögenswert dar, der die Aktiva des Unternehmens erhöht. Und nachdem dann klar ist, wie man einen Jahresabschluss liest, gilt es sich der Analyse der Bilanz zu stellen, den Techniken zur Vertiefung der Kenntnisse über den Gesundheitszustand des Unternehmens.